Häufige Fragen (FAQ)

Zulässigkeit einer Beschwerde

Kann ich mit einem Verfahren direkt zum EGMR gehen?

Nein. Eine Menschenrechtsbeschwerde ist erst dann zulässig, wenn der Beschwerdeführer zuvor alle Instanzen in dem Staat durchlaufen hat, der ihn in seinen Rechten verletzt hat. Für Beschwerden gegen Deutschland bedeutet das in aller Regel, dass man zunächst ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht abgeschlossen haben muss.

Ich setze mich für eine Gruppe ein, die diskriminiert wird. Kann ich wegen der Diskriminierung dieser Gruppe eine Beschwerde beim EGMR einlegen?

Grundsätzlich nicht. Man kann eine Beschwerde beim EGMR nur dann einlegen, wenn man selbst durch eine Maßnahme betroffen ist. Die EMRK sagt, dass man das „Opfer“ einer Verletzung sein muss, um eine Beschwerde beim EGMR einlegen zu können.

Frist

Welche Frist gilt für Beschwerden beim EGMR

Eine Beschwerde beim EGMR muss innerhalb von vier Monaten nach Abschluss des Verfahrens auf nationaler Ebene eingelegt werden. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Entscheidung über das letzte Rechtsmittel bei dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers. In Deutschland ist das in aller Regel die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Wann beginnt die Frist für Beschwerden beim EGMR zu laufen?

Verlängert sich die Frist, wenn der letzte Tag auf einen Sonn- oder Feiertag fällt

Nein, die Frist verlängert sich nicht, wenn ihr letzter Tag auf einen Sonn- oder Feiertag fällt. Darin liegt ein Unterschied zu vielen Fristen, die auf nationaler Ebene in Prozessordnungen festgelegt sind.

Muss die Beschwerde innerhalb der Frist beim EGMR eingehen?

Nein. Für die Frist kommt es darauf an, dass die Beschwerde rechtzeitig abgeschickt worden ist. Es muss durch den Poststempel auf dem Umschlag erkennbar sein, dass der Beschwerdeführer sie rechtzeitig versandt hat.

Kosten

Kann ich beim EGMR Prozesskostenhilfe bekommen?

Es gibt beim EGMR keine Prozesskostenhilfe für die Einlegung der Beschwerde. In einem späteren Stadium des Verfahrens kann der EGMR aber Prozesskostenhilfe gewähren. Wenn der Gerichtshof nach einer ersten Prüfung der Auffassung ist, dass die Beschwerde näher geprüft werden muss, informiert er den Staat, gegen den sich die Beschwerde richtet, über den Fall. Von diesem Moment an können Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe beantragen.

Wie hoch ist die Gerichtsgebühr beim EGMR?

Beim EGMR gibt es keine Gerichtsgebühren. Man muss also weder Vorschuss leisten noch nach Abschluss des Verfahrens für das Verfahren zahlen. Es gibt auch keine Missbrauchsgebühr, wie es sie in Deutschland bei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gibt.

Muss ich für die Kosten des Staates zahlen, wenn meine Beschwerde erfolglos ist?

Nein. Wenn eine Beschwerde gegen einen Staat zurückgewiesen wird, muss der Beschwerdeführer nicht für die Kosten des Staates zahlen, gegen den sich die Beschwerde richtete, beispielsweise für Rechtsanwälte des Staates.

Rechtsanwalt

Brauche ich einen Rechtsanwalt, um eine Beschwerde beim EGMR einzulegen

Nein. Jeder kann selbst, ohne anwaltliche Hilfe, eine Beschwerde beim EGMR einlegen, wenn er das möchte (ob das ratsam ist, ist eine andere Frage). Erst in einem späteren Stadium des Verfahrens muss sich der Beschwerdeführer von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Der EGMR weist dann den Beschwerdeführer darauf hin und fordert ihn auf, sich einen Rechtsanwalt zu suchen. Dazu gibt er dem Beschwerdeführer eine Frist.

Braucht ein Rechtsanwalt eine besondere Zulassung beim EGMR?

Nein. Jeder Rechtsanwalt kann einen Beschwerdeführer beim EGMR vertreten. Es gibt auch keine besonderen Voraussetzungen. Anwälte müssen also beispielsweise nicht für einen Mindestzeitraum zugelassen sein oder eine besondere Ausbildung verfügen, um einen Mandanten beim EGMR zu vertreten.

Urteile des EGMR

Sind Urteile des EGMR bindend?

Ja, Urteile des EGMR sind bindend. Staaten, die die EMRK unterschreiben, verpflichten sich damit auch, die Urteile des EGMR anzuerkennen. Die Bindungswirkung bezieht sich aber nur auf den speziellen Fall, in dem das Urteil ergangen ist.

Kann der EGMR Urteile eines deutschen Gerichts aufheben?

Nein. Der EGMR kann Urteile deutscher Gerichte nicht aufheben. Er kann lediglich feststellen, dass sie den Beschwerdeführer in Rechten nach der EMRK verletzen. Die Folgen einer solchen Feststellung ergeben sich dann aus deutschem Recht.

Wie setzt der EGMR seine Urteile durch?

Der EGMR hat keine Möglichkeit, seine Urteile durch Zwang durchzusetzen. Die Umsetzung hängt vom guten Willen der Staaten ab, sich an die Verpflichtungen zu halten, die sie mit der Unterzeichnung der EMRK eingegangen sind. Deutschland, Österreich oder die Schweiz setzen Urteile aber zuverlässig um.